Nr.13 | 14. Juli 2017 FAHRZEUG UND TECHNIK 15 FOTO: R. DOMINA TEST Volvo Globetrotter FH 500 Statt Schalthebel an der Sitzkonsole Tasten für die Getriebesteuerung. Das Plus an Bewegungsfreiheit relativiert den Verlust des handschmeichlerischen Schalthebels Eine geräumige Schublade, viele Ablagen und Power-Outlets erleichtern den Alltag hier schon Kuppenzuckeln mit 77 bis 78 km/h, was in etwa der Economy-Einstellung bei den Scanias entspricht. Wohlgemerkt: Das muss nicht immer der Fall sein. I-See greift nur dann auf diese Maximal-Hysteresen zu, wenn sichergestellt ist, dass das folgende Gefälle auch entsprechend lange mit der maximalen Schwungspitze abgeritten werden kann. Dieses Spiel beherrschen die Volvo mit der neuesten Software im Zentralgehirn jetzt ganz ausgezeichnet. Zumal mit Retarder. Denn die Strömungsbremse erlaubt das Anfahren der Zielgeschwindigkeit viel geschmeidiger und auch schneller, als dies nur mit der Motorbremse VEB+ möglich wäre. Anders als die Konkurrenz hängt der Volvo zum Beispiel bei unserer langen SiebenProzent-Abfahrt hinunter nach Beilngries nicht im höchsten Gang am Retarder. Der VolvoComputer holt sich da etwas mehr Drehzahl mit dem Elften, damit die Ventilhebel-/ Motorbremse auch zu ihrem Recht kommt. Der nebenbei gesteigerte Kühlwasserdurchfluss schadet ja auch nicht und hilft, die Motortemperatur im optimalen Bereich zu halten. Die schnelle Anpassung an die gewünschte Bergab-Geschwindigkeit fällt dank einfach zu bedienendem Cruise Control leicht: Einfach die Setzgeschwindigkeit mit ein paar Tastendrücken nach unten regulieren, dann im Kopf die plus sechs km/h Überschwinger dazurechnen, fertig ist die BergabGeschwindigkeit, die das Cruise Control exakt einhält. Beispiel Kindinger Berg talwärts: Oben sind die 84 km/h Setzgeschwindigkeit noch okay, doch im Mittelteil sind auf einem Kilometer nur 60 km/h erlaubt. Nach unten getastet auf 62 und schon hält die Fuhre eine vernünftige Bergab-Geschwindigkeit konstant ein. Am Ende das gleiche Spiel, nur umgekehrt: Tempomat wieder hochgesetzt, und schon nutzt man das Endgefälle, um gratis wieder seine 84 km/h zu erreichen. Da fragt man sich, warum außer Renault nicht alle Hersteller gleich zwei Tasten für zwei Setzgeschwindigkeiten vorsehen. Vermutlich haben die Franzosen ein Patent auf die Tasten S1 und S2. Und dann ist da noch die Sache mit dem „Dip“. Der Dip hat mit einem extra Schlag Mayonnaise nur insofern zu tun, als es sich tatsächlich um einen kleinen Zuschlag handelt – aber an Er rollt, dass es nur so eine Freude ist Geschwindigkeit. Volvo kann mit Fug und Recht als Erfinder des Dips genannt werden, hatten die Schweden doch schon sehr früh das ominöse „+2“ oder „+3“ im Display der Hysteresen-Einstellung. Anfangs war das schwer zu verstehen. Warum sollte ich eine definierte Schwungspitze, die ja ohnehin eine – wenn auch geduldete – Geschwindigkeitsüberschreitung bedeutet, abermals überschreiten wollen? Einfache Antwort: Weil es enorm viel bringt. Beispiel: Am Kilometerschild 446, A9, Richtung Norden (probieren Sie es ruhig mal aus .) folgt ein Gefälle, das langsam in ein flacheres Stück übergeht und dann abermals in eine Senke mündet. Hier holen sich die meisten GPS-Tempomaten einen moderaten Unterschwinger, weil das Gefälle nur zart an Fahrt aufnimmt und man sonst zu langsam wird. Aber dann geht es ab: Die 90erSchwungspitze ist hier schnell FOTO: R. DOMINA erreicht, der Computer errechnet aber, dass der Rollvorgang über das Flachstück unterbrochen werden müsste. Jetzt holt er sich den Dip: Noch im guten Gefälle lässt er 93 km/h zu – das nur für wenige Sekunden – und verlängert so die Rollphase bis in die nächste Senke. Das spart natürlich Diesel! Und so hat das Dippen in den SpeedTopf durchaus seine Berechtigung. Der Effekt ist jedenfalls spürbar. Nicht nur in Sachen Verbrauchseinsparung. Denn wer seine Schwungspitzen und Rollphasen verlängert, holt auch die Zeit wieder ein wenig auf, die durch Kuppenzuckeln mit extremen Unterschwingern von deutlich unter 80 km/h möglicherweise verloren geht. Möglicherweise steht hier deshalb, weil der Verlust an Durchschnittsgeschwindigkeit kleiner ist, als man denkt. Es geht hier allenfalls um vielleicht 20 Minuten auf 800 Kilometer. Aber was tut man nicht alles, um just-in-time unterwegs zu sein. Die extrem langen Rollzeiten des FH 500 schlagen sich auch bei uns im Test natürlich nieder: 0,5 km/h weniger Autobahnschnitt sind auch eine Folge ausgereizter Rollzeiten und Unterschwinger vor Kuppen. Aber der Verlust ist ein geringer: Wir hatten auch schon mal 1,5 km/h heraus gemessen – also mit deutlich weniger Kompensation durch lange Schwungspitzen und den gelegentlichen Dip. Die erzielten Autobahnschnit- te jedenfalls geben dem Volvo recht: Mit 83,6 km/h ist er ge- nauso schnell unterwegs wie der Scania 500, der hier noch nicht über den Dip verfügte (spätere Modelle sehr wohl, und auch Daimler und DAF dippen schon mit). Verbrauchstechnisch frei- lich mit 26,1 l/100 km, wo der Scania mit 24,2 l/100 km aus- kam. Daimlers „Actros 1853“ war damals noch mit der kürzeren 2,73er Achse auf der Runde und konsumierte 27,8 l/100 km bei allerdings beeindruckenden Bergsteigezeiten. Der 460er Volvo reüssierte hier mit 25,6 l/100 km, an einem nicht ganz so heißen Tag allerdings. Fakt ist, dass der FH 500 in dieser Aufmachung ganz vorne in der Verbrauchsliga mitmischt. Mit seinem 460er Marken-Pendant liegt er fast gleichauf, das et- was höhere Leistungsangebot fordert aber auch seinen Tribut. Fazit: Einmal mehr wird der Volvo seinem Namen gerecht (Volvo = lateinisch „ich rolle“). Er rollt, dass es nur so eine Freude ist. rod Motorkurve 360 Renault DTI 13 323W(440 PS)/1.400 - 1.800 2.200 Nm bei 900 -1.400/min 330 300 270 240 210 180 150 120 kW 800 1000 Drehzahl Leistung Drehmoment 1200 1400 1600 Nm 2200 2100 2000 1900 1800 1700 1600 1500 1800 2000 Am sparsamsten ist der 500er Volvo zwischen 1.050 und 1.300 Umdrehungen. Bei 1.200 Touren liegen bei Volllast 425 PS an, Rückschaltungen werden da selten. Stattdessen nutzt der 12,8-Liter-Motor sein Drehmoment auch schon mal unter 1.000 Umdrehungen – weil er es kann. Neues Layout und neue Funktionen im Volvo-Medien-Center. DAB-Radio, Navi, Dynafleet-Telematik, Driver Support/Training und Internetdienste sind hier vernetzt abrufbar AUF EINEN BLICK + - Verbrauch, sehr leichtes Handling mit Dynamic Steering, drehmomentorientierte Triebstrang-Auslegung, sehr leise Kabine, für die Ausstattung sehr geringes Leergewicht, Wohnkomfort Hysteresen-Einstellung zu starr, Verwechslungsgefahr Scheibenwischer-/Motorbremshebel, Klappergeräusche nahe Kühlbox „Technische Daten: Volvo FH 500 Globetrotter XL Motor, Bauart Volvo D13K500 EU6 Step C, Sechszylinder Reihenmotor, Wastegate Turbo, ungekühlte Abgasrückführung Abgasaufbereitung SCR-System mit AdBlue-Einblasung, Partikelfilter Einspritzverfahren Common Rail, Einspritzdruck bis 2.400 bar, Rail unter Ventildeckel Motorgewicht (trocken) 1.100 kg Hubraum 12,8 Liter Leistung 368 kW(500 PS) bei 1.400 bis 1.800/min Drehmoment 2.500 Nm bei 1.000-1.400/min Spezifische Leistung 28,8 kW pro Liter Hubraum Ölwechselintervall 100.000 km oder 1x pro Jahr Getriebe Volvo I-Shift AT2612F, voll automatisiertes 12-Gang-Schaltgetriebe Spreizung 14,94 - 1,0, R 17,48 - 3,16 Achsübersetzung 2,64 Drehzahl bei 65/85 km/h im höchsten Gang 913/1.190/min Minimale Rangiergeschwindigkeit bei 500/min Bremsen 0,6 m/s oder 2,0 km/h Dauerbremsen Voith Retarder, VEB+ Motorbremse Motorbremsleistung 375 kW bei 2.300/min (VEB+), maximale Bremsleistung mit Retarder 825 kW Bremsanlage vorne/hinten EBS, Scheiben vorne und hinten, Federspeicher auch an VA, automatische Feststellbremse Sicherheits- und Assistenzsysteme I-See, I-Roll, Impuls-Streckbremse, Notbremsassistent mit Kollisionswarner, Aufmerksamkeitsassistent (DAS), Tote-WinkelWarner und Spurhalte-Assistent, ACC, ESP, Hill Holder Achsen und Fahrwerk Vorne Starrachse an gekröpften 2-BlattParabelfedern, Stabi Hinten Starrachse an 4-Balg-Luftfederung, Differenzialsperre, gewichtsoptimierte Alu-Lenker Lenkung Volvo Dynamic Steering, 4,5 Umdrehungen von links nach rechts, Lederlenkrad 45 cm Bereifung Goodyear FuelMax 315/70 R 22,5, Alco Durabright Alufelgen Fahrerhaus Globetrotter XL Fahrerhaus mit niedrigem Motortunnel (9 cm), hinten 2-Punkt-luftgefedert, vorne 2-Punkt-stahlgefedert, 1-BettAusstattung mit Rollschränken oben, Komfortbett unten, B x L 70 x 200 cm, integrierte Standklimaanlage I-Park Cool. Frontkamera plus Frontspiegel. Maße Radstand 3.700 mm Breite x Höhe SZM inkl. Dachspoiler 250 x 395 cm Höhe 1. Stufe/Fahrerhausboden 43/156 cm B x H x T großer Staukasten außen 56 x 43 x 76 cm Höhe Ladekante Staukasten über Boden 156 cm Tankvolumen Diesel/AdBlue 405/64 Liter Gewichte Leergewicht SZM gewogen 7.320 kg inkl. 1 Fahrer, rechter Tank voll, kein Reserverad Zul. Achslasten vorne/hinten 7.100/11.700 kg Test-Gesamtgewicht 38.400 kg Preise (€, o.MwSt.) Volvo FH 500 Globetrotter XL wie getestet: 167.432,00 € davon entfallen auf (Auszug) Voith-Retarder (als Einzel-Ausrüstung) 4.640,00 € Volvo Dynamic Steering 2.400,00 € Standklimaanlage I-Cool Park 2.320,00 € „Paket Active Sicherheit“ (zusammen mit DAS, Tote-Winkel-Warner , ACC, Collsion Warning etc.) 1.680,00 € „Lichtpaket plus“ (Bi-Xenon Kurvenlicht, Regensensor, Waschanlage Scheinwerfer) 1.180,00 € „Fahrerkomfort ++“ (u.a. Lederlenkrad in drei Ebenen verstellbar, Klimaautomatik, Seitensonnenblenden u.v.m.) 3.392,00 € Reifendrucküberwachung mit Außensensor 576,00 €
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