So weit, so bekannt: Bis zum Serienstart will Volvo Trucks aber noch ein elektrospezifisches Cluster nachliefern 343 Kilometer mit einem batteriebetrie- benen Lkw, noch dazu mit vollen 40 Ton- nen? Trotz des aktuellen Elektro-Booms bei Pkw und leichten Lkw klingt dieser Plan irgendwie noch nach Science-Fiction. Ist es aber nicht, zumindest nicht bei Volvo Trucks. Denn dort feierte kürzlich der FH Electric seine Premiere (siehe TRUCKER 11/2021), dessen Serienpro- duktion Mitte kommenden Jahres starten soll. Womit Volvo Trucks der erste Serien- hersteller wäre, der eine schwere, fernver- kehrstaugliche Sattelzugmaschine liefern kann. Übrigens für wahrscheinlich knapp das Dreifache des Preises, der für eine vergleichbare Diesel-Zugmaschine fällig würde. Wobei der Staat bei den Anschaf- fungskosten kräftig Hilfestellung gibt, doch dazu später mehr. Zunächst einmal stellen wir klar: „Wel- penschutz“ ist für den Strom-Volvo nicht Mit 40 Tonnen elektrisch über die Testrunde! drin, für ihn gelten die gleichen Testan- forderungen wie für seine Dieselbrüder! Heißt: Dauertempo von 85 km/h auf der Autobahn, und auch an den Messbergen der Testrunde muss sich der Electric an großvolumigen Verbrennern messen las- sen. Schließlich soll unser Test neben der Frage nach den Fahreigenschaften auch zeigen, ob man bei der Durchschnitts- geschwindigkeit Abstriche machen muss und wie viel Strom für die Beförderung der gewichtigen Fuhre draufgeht. DER ELECTRIC BRINGT ORDENTLICH PFUNDE AUF DIE WAAGE Apropos Gewicht: Ein paar Tonnen müs- sen im Vorfeld von unserem Fliegl-Cur- tainsider weichen. Denn die sechs ge- wichtigen Batteriepakete mit einer Kapa- zität von 540 kWh lassen das Leergewicht der Zugmaschine auf happige 9,8 Tonnen klettern, womit der Electric mindestens zwei Tonnen mehr als ein vergleichbarer Diesel-FH auf die Waage bringt. Ungewohnt ist für „Verbrennerge- schulte“ der Startvorgang. Dabei ist es nicht das eigentliche Prozedere, das auch hier per konventionellem Schlüsseldreh geschieht. Es fehlt einfach die gewohn- te Bestätigung, dass der Motor „läuft“. Stattdessen ist in der Globetrotter-Kabi- ne nichts zu hören. Und das bleibt auch so, sobald man die im Armaturenbrett integrierte D-Taste drückt (den Schalt- hebel am Sitz spart sich Volvo hier) und vorsichtig aufs Gaspedal drückt. Ledig- lich ein dezentes Summen ist aus Rich- tung des Maschinenraums zu hören. Erst bei höheren Tempi entsteht so etwas wie eine Geräuschkulisse, für die allerdings die Abrollgeräusche der Reifen und der Fahrtwind verantwortlich sind, der sich vorrangig am Frontspiegel vor der Wind- schutzscheibe verfängt. Diese bis dato ungekannte Ruhe, an die man sich nur allzugern gewöhnt, bringt aber auch neue Lernprozesse mit sich. Erstens: Man sollte bei Orts- durchfahrten Fußgänger und Passanten tunlichst im Blick behalten! Lautlos plus riesiger Lkw, dass passt für viele einfach (noch) nicht zusammen, wenn sie sich anschicken, die Fahrbahn zu queren. Entsprechend erschrocken, ja gar un- gläubig fallen die Reaktionen aus, wenn man sich warnend per Hupe bemerk- bar macht. Eine Problematik, der Volvo Trucks beim Serienmodell aber mit- tels entsprechendem Dauerwarnton bei Stadttempo begegnen will. Aufpassen heißt es auch vor Kurven und Autobahnausfahrten, die man im E-FH regelmäßig zu schnell in Angriff nimmt. Auch hier fehlt die akustische Un- terstützung, denn leise ist im Stromer eben nicht gleichbedeutend mit langsam … ▶ Elegante Klapptrittstufen am hinteren Aufstieg IM KURZURTEIL Keinerlei Unterschied beim Einstieg Äußerst harmonische Leistungsent- faltung bei unschlagbar niedriger Geräuschkulisse; souveräne Fahrleis- tungen Augen auf bei Fußgängern, denn sie hören den Electric meist nicht nahen!
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